Junge Kunst 2
IG Halle in der Alten Fabrik Rapperswil
9. Januar bis 22. Februar 2004
Jurierte Ausstellung zum Jahresbeginn bei der IG Halle
Fünf Jahre nach der Ausstellung „Junge Kunst“ zeigt die IG Halle zum zweiten Mal Werke von jungen Künstlern aus der Region. Eine Fachjury wählte im vergangenen Herbst die Werke aus von Nicole Grob, Aurelio Kopainig, Gitta Nigro, Martin Reukauf und Sieglinde Wittwer-Thomas.
Kurator: Guido Baumgartner
In der abendländischen Philosophie gilt das Licht als Seinsgrund. Um Licht geht es auch in der Malerei, und Schatten ist da, wo kein Licht hinfällt. Seit Cézanne haben Farbkompositionen die Schatten abgelöst. Ob dieser Tabuisierung des Schattens vergisst man meist die Ursprünge der Malerei. Nach Plinius, dem römischen Historiker (1. Jh.n.Chr.), hatte die Tochter des Töpfers Butades den Schatten ihres Geliebten an einer Wand nachgezeichnet. Ihr Vater stellte danach von diesem Umriss ausgehend ein Abbild her. In diesem Kontext erscheinen die Schattenbilder von Nicole Grob nicht mehr fremd. Ungewöhnlich ist jedoch die technische Umsetzung. Ab fotografierter Vorlage malt Nicole Grob merkwürdig roh und unfertig wirkende Bilder, denen sie ein halbtransparentes Acrylglas vorlagert. Erst dieser Filter erzeugt poetisch dichte Bilder und lenkt damit die Aufmerksamkeit auf das, was sonst vergessen geht: den Schatten.
Zwischen Abstraktion und Figürlichkeit
Aurelio Kopainig arbeitete als Fotograf, bevor er sich in den Niederlanden, Kalifornien und Korea weiterbildete. Seither hat er sein Tätigkeitsfeld erweitert. Aurelio Kopainig malt, filmt, zeichnet und ist auch schon mit Installationen in Erscheinung getreten. Mit seiner jüngsten Werkserie „Horizonte“ begibt er sich auf eine Gratwanderung zwischen Abstraktion und Figürlichkeit.
Bilder mit der Grundstruktur Festes unten und Luftiges oben bringt der Betrachter in der Regel mit Landschaften in Verbindung. Die Andeutungen von Wolken, Wetter und Architektur in den Bildern von Aurelio Kopainig lassen dem Betrachter jedoch viel Raum für eigene Assoziationen. Entstanden ist diese faszinierende Serie im Fotolabor, indem Aurelio Kopainig belichtetes Barytpapier mit Fotochemikalien bemalte.
Ätherischer Kosmos
Berge, Täler, Wälder und Gebäude erkennt der Betrachter nur teilweise auf den Tuschzeichnungen von Gitta Nigro. Einige zeigen geheimnisvolle, milchstrassenartige Wolken, flirrende Landschaften, Meere von Punkten, die manchmal auch von dickeren Linien durchzogen werden. Wer nahe herangeht an die Zeichnungen im Format von Visitenkarten, begibt sich in einen ätherischen Kosmos von Linien und Punkten.
Gitta Nigro zeigt diese Arbeiten in der Halle in installativer Form (sie verwendet einen schwebenden Bildträger, der durch die Halle läuft). Entstanden sind die Zeichnungen in öffentlichen Verkehrsmitteln. Es sind Blicke aus den Fenstern von Bahn, Bus, Tram oder Metro, die Gitta Nigro auf diesem Weg tagebuchartig festhält. Eine zeichnerisch-meditative Auseinandersetzung mit Linien, Zeit und Raum, die an fernöstliche Kunst erinnert.
Hommage an den Citroën SM
Martin Reukauf holt seine Motive mittels Fotos ins Atelier und überträgt sie mit viel Ausdauer und technischem Können auf die Leinwand. Einerseits geht es ihm darum, die Einzigartigkeit eines Moments darzustellen. Andererseits werden die ab Foto gemalten Bilder „wahrer“, denn die abbildende Kamera sieht bloss, was da ist. Sie erkennt und interpretiert weniger als das Auge des Malers.
Nicht nur die Qualität seiner Malerei besticht, sondern auch das sorgfältig ausgewählte Motiv. Dem Modell SM – Ergebnis einer Kooperation von Citroën und Maserati in den 70er-Jahren – hat Martin Reukauf eine ganze Serie von Bildern gewidmet. Das neuste davon zeigt das wohl schönste Auto der Welt nicht mehr in flotter Kurvenfahrt, sondern als Relikt der französischen Design-Avantgarde in einem Hinterhof verrottend. Und wir fühlen mit, wünschen ihm eine neue Lackierung und einen vollen Tank.
Helden und Antihelden unserer Zeit
Wenn wir die Werkserie „Tageblätter“ betrachten, fühlen wir uns, als ob wir vor einem Haus stünden, das von ausgewählten Persönlichkeiten bewohnt wird. Unten in der Mitte steht Berlusconi in päpstlicher Pose auf dem Balkon, zwei Etagen darüber hält Bush Andacht, links davon starrt ein Mann auf etwas (es ist wohl das WTC am 9/11), und darunter bittet eine Frau (Kriegsopfer am Golf?) um Almosen. Die dargestellten Persönlichkeiten erscheinen uns – obwohl realistisch gemalt – nicht mehr als Funktionsträger in der medialen Produktion und sind nicht mehr „schnell konsumierbar“.
Indem Sieglinde Wittwer-Thomas die Helden und Antihelden unserer Zeit aus ihrem gewohnten Umfeld heraus schält und ohne Hintergrund auf ganz profane Materialien malt, verrät sie uns mehr über diese Personen. Unser Blick wird nicht mehr abgelenkt von der Ästhetik der Pressefotografie mit ihren Bildkompositionen, sondern fokussiert sich auf das Wesentliche, nämlich den Menschen.
Text: Martin Mühlegg / IG Halle
Medienspiegel
Rapperswil: Junge Kunst 2
Linth Zeitung, 23.08.2003
Junge Kunst gesucht
Prämierte Werke junger Künstler
Junge Künstler stellen in Rapperswil aus
Junge Kunst 2
Zürcher Oberländer Extra, 09.01.2004
Junge Kunst / Werke von jungen Künstlern aus der Region
Jugendliche Lichter und Schatten
Neue Zürcher Zeitung, 13.01.2004
Fotografische Malerei und Tagebuchblätter
Zürcher Oberländer, 13.01.2004
«Junge Kunst» unter neuer Leitung
Schweizer Illustrierte, 26.01.2004
Die Design-Avantgarde im Hinterhof
Matinée mit jungen Künstlern aus der Region
Die IG Halle als ideale Plattform für junge Kunstschaffende
Vereinszeitung Citroen-Maserati Club Schweiz, 10/2004
Ausstellung „Junge Kunst“ in Rapperswil
Vereinszeitung Citroen-Maserati Club Schweiz, 10/2004 / Matinee
L’Art et la SM
Anlässe in der Ausstellung JUNGE KUNST 2
Vernissage
Freitag, 9. Januar, 19.00 Uhr
Einführung: Nadia Schneider, Konservatorin Kunsthaus Glarus
Apéro
Sonntag, 8. Februar, 11.00 Uhr
Apéro mit den Kunstschaffenden
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